Veröffentlichung: Aufsatz zur Zulässigkeit einer Impfpflicht gegen die Masern in der MedR
Unter dem Titel „Die Einführung einer Impfpflicht zur Bekämpfung der Masern. Eine zulässige staatliche Handlungsoption“ hat Rechtsanwalt Sebastian Krahnert gemeinsam Prof. Dr. iur. Nils Schaks einen Aufsatz in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Medizinrecht (12/2015) veröffentlicht (Fundstelle: MedR 2015, 860–866). Der Aufsatz geht auf ein Thema ein, das in Rechtswissenschaft und Gesellschaft kontrovers diskutiert wird. Immer wieder wird der Fokus der öffentlichen Wahrnehmung auf Infektionskrankheiten gelegt. So erregte die Ebola-Epidemie im Jahr 2015 großes Aufsehen und eine Welle der internationalen Hilfe. Im epidemiologischen Bulletin 21/2015 weist das Robert-Koch-Institut zudem aktuell auf ungewöhnliche Infektionskrankheiten hin, die bei Asylsuchenden und Flüchtlingen auftreten können – freilich mit dem Hinweis, dass eine Ausbreitung auf die Allgemeinbevölkerung sehr unwahrscheinlich ist. Ein solcher Hinweis ist wichtig, um dem Missbrauch der medizinischen Sachlage für Zwecke fremdenfeindlicher Berichterstattung vorwegzukommen.
Aufsatz nimmt Impfpflicht gegen die Masern in den Blick
Der nun veröffentlichte Aufsatz untersucht die Einführung einer Impfpflicht in Hinblick auf die Masern, die in Deutschland endemisch vorkommen. Immer wieder kommt es hierbei zu Krankheitsausbrüchen größeren Ausmaßes, die offenbaren, dass der Immunitätsstatus in Teilen der Bevölkerung nicht optimal ist. Dies hat vielfältige Fragen zur möglichen Einführung einer Impfpflicht aufgeworfen. So ist auch für Bundesgesundheitsminister Gröhe eine Impfpflicht „kein Tabu“. Erst im Dezember 2015 hat sich der CDU-Bundesparteitag für die Einführung von Impfpflichten gegen diverse Erkrankungen, u.a. gegen die Masern, ausgesprochen.
Ob solche Impfpflichten gegen Erkrankungen wie Tetanus oder Mumps verfassungsrechtlich zulässig sind, erscheint zweifelhaft, kann hier aber dahinstehen. Die Besonderheit der Masern-Erkrankung liegt nämlich gerade in der ausgeprägten Gefährung Dritter durch die Erkrankten, also den Infektionsweg von Mensch zu Mensch. Die verfassungsrechtlichen Wertungen sind vor diesem Hintergrund anders als bei Erkrankungen wie Tetanus, deren Erregerreservoir sich ohnehin in der gesamten Umwelt befindet. Wie aus der Überschrift des Aufsatzes bereits erkennbar ist, befürworten Schaks und Krahnert die Möglichkeit der Einführung einer Impfpflicht gegen die Masern im Ergebnis, nachdem sie vorher die Erkrankung selbst, die von ihr ausgehende Gefährdung, die Risiken der Impfung selbst und sodann die verfassungsrechtliche Bewertung vorgenommen haben. Dennoch bleibt festzuhalten, dass die Impfpflicht im Gesundheits- und Medizinrecht hoch umstritten ist.
Impfungen als Teil der Krankheitsprävention
Impfungen zählen zur primären Krankheitsprävention. Sie verhindern durch immunologische Vorgänge die Krankheitsentstehung. Regelmäßig werden empfohlene Impfungen von den Gesetzlichen Krankenversicherungen bezahlt. Bislang besteht in Deutschland keine Impfpflicht, sondern der Staat setzt auf Freiwilligkeit und die selbstbestimmte Entscheidung des Einzelnen. Grundsätzlich entspricht dies der Freiheitsordnung der Bundesrepublik. Unter Umständen ist eine Freiheitsbeschränkung für den Einzelnen jedoch zu rechtfertigen. Zur genauen Argumentation der Autoren sei auf den Aufsatz in MedR 2015, 860–866 verwiesen.