Bayerisches Landessozialgericht verwirft das „Nürnberger Aufrechnungsverbot“
Mit Urteil vom 13.5.2024 (Aktenzeichen: L 20 KR 309/23) hat das Bayerische Landessozialgericht das bereits in einem früheren Beitrag thematisierte „Nürnberger Aufrechnungsverbot“ verworfen. Der 20. Senat schloss sich damit der bundesweit herrschenden Meinung an, dass im Rahmen der Übergangsvereinbarung zur PrüfvV (2019) die Weitergeltung der Aufrechnungsmöglichkeit nach der PrüfvV (2016) wirksam vereinbart werden durfte.
Übergangsvereinbarung (2019) hebelt das gesetzliche Aufrechnungsverbot nicht völlig aus
Zwar dürfe die Grundregel des § 109 Abs. 6 S. 1 SGB V nicht ausgehebelt werden, wonach der Gesetzgeber im Grundsatz eine Aufrechnung ausgeschlossen hat. Das Sozialgericht Nürnberg geht in seiner Rechtsauffassung aber viel zu weit. Denn die Aufrechnungsmöglichkeiten der PrüfvV (2016) stellen gerade keine völlige Aufhebung des gesetzlichen Aufrechnungsverbots dar. Denn auch nach der PrüfvV (2016) waren Aufrechnungen auf bestimmte Fallkonstellationen begrenzt.
Das Bayerische Landessozialgericht hat mit der Entscheidung ein wichtiges Zeichen gesetzt. Es hat trotz anhängiger Sprungrevision beim Bundessozialgericht (Aktenzeichen: B 1 KR 18/23 R) eine Entscheidung getroffen. Wir begrüßen es sehr, dass damit nun eine Entscheidung auf Ebene der Landessozialgerichte vorliegt. Nun steht nicht nur die isoliert gebliebene Rechtauffassung des Sozialgerichts Nürnberg im Raum, wenn das Bundessozialgericht über die Revision entscheidet.
Positive Auswirkungen auf die Fallpraxis zu erwarten
Auf erstinstanzlicher Ebene versuchen die Krankenhausanwälte zunehmend, die Entscheidungen des Sozialgerichts Nürnberg für sich nutzbar zu machen. Es ist bemerkenswert, dass die Krankenhäuser, vertreten durch ihren Spitzenverband, die Aufrechnungsmöglichkeit im Konsens vereinbaren, sich dann Jahre später jedoch auf die vermeintliche Unwirksamkeit dieser Abrede berufen. Wir gehen davon aus, dass die Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts diese Versuche weiter einbremsen wird. Die sozialgerichtlichen Kammern sind im bundesweiten Vergleich der Rechtsansicht aus Nürnberg ohnehin kaum gefolgt.
Damit dürfte auch die Grundlage für prozessökonomisch fragwürdige Ruhendstellungen in Frage zu stellen sein.
Rechtsmethodisch sehr gut begründet ist auch das Urteil des Sozialgerichts Dortmund, 25.3.2024, S 65 KR 1086/22 KH, in einem von uns geführten Verfahren. Die Kammer setzt sich in der Entscheidung mit nachvollziehbaren rechtsmethodischen Argumenten mit dem Rechtsproblem auseinander und bestätigt unsere Rechtsauffassung, wonach die Spitzenverbände die Aufrechnungsmöglichkeit in der Übergangsvereinbarung wirksam vereinbart haben.
Wir vertreten Krankenkassen bei gerichtlichen Auseinandersetzungen über die stationäre Abrechnung. Gerne können Sie Kontakt mit uns aufnehmen.