Die Kri­se durch die Ver­brei­tung des neu­ar­ti­gen Coro­na­vi­rus SARS-CoV‑2 und der von ihm ver­ur­sach­ten Erkran­kung COVID-19 trifft auch das Gesund­heits­sys­tem. In der aktu­el­len Pres­se­be­richt­erstat­tung fin­den sich Berich­te (z.B. im Tages­spie­gel vom 20.3.2020), wonach die Inter­es­sen­ver­tre­tung der Kran­ken­häu­ser (die Deut­sche Kran­ken­haus­ge­sell­schaft), aber auch die All­ge­mei­nen Orts­kran­ken­kas­sen die Axt an das DRG-Fall­pau­scha­len­sys­tem anle­gen wol­len. Die ande­ren Kas­sen­ar­ten weh­ren sich hier­ge­gen. Eine Ent­schei­dung auf poli­ti­scher Ebe­ne soll (wohl) bereits am kom­men­de Mon­tag (23.3.2020) getrof­fen wer­den. Eine Kri­sen­si­tua­ti­on darf nicht dafür aus­ge­nutzt wer­den, ein­sei­tig poli­ti­sche Zie­le von Inter­es­sen­grup­pen durchzusetzen.

Das bewährte DRG-System muss auch in Krisenzeiten bleiben
Auch in Zei­ten der COVID-19-Pan­de­mie: kei­ne Abschaf­fung des bewähr­ten DRG-Sys­tem und sei­ner tra­gen­den Säu­len ohne demo­kra­ti­sche Debat­te im Schnellverfahren

DRG-System hat sich über Jahre bewährt und ist Grundlage einer modernen stationären Versorgung

Vie­le Beob­ach­ter loben die deut­sche Kran­ken­haus­land­schaft in die­sen Tagen für ihre Leis­tungs­fä­hig­keit. Die­se Form der effi­zi­en­ten und leis­tungs­fä­hi­gen sta­tio­nä­ren Gesund­heits­ver­sor­gung hat sich über Jah­re hin­weg unter dem Sys­tem der DRG-Fall­pau­scha­len ent­wi­ckelt. Sei­ne Ein­füh­rung in den 2000er Jah­ren führ­te eine erheb­li­che Moder­ni­sie­rung des Kran­ken­haus­we­sens in Deutsch­land her­bei. Das Ver­gü­tungs­sys­tem hat sich bewährt. Fehl­an­rei­zen trägt das DRG-Sys­tem als „ler­nen­des Sys­tem“ Rech­nung. Hier­zu wer­den Ver­gü­tungs­re­ge­lun­gen für die Zukunft ange­passt, etwa bei zu hoch bewer­te­ten Leis­tungs­er­brin­gun­gen oder zuletzt auch bei der Berück­sich­ti­gung der Belan­ge des Pflegepersonals.

Das DRG-Sys­tem ist damit fle­xi­bel und anpas­sungs­fä­hig. Es ermög­licht eine fai­re Ver­gü­tung und trägt zur qua­li­ta­tiv hoch­wer­ti­gen Ver­sor­gung bei. Leis­tung und Gegen­leis­tung der Kran­ken­haus­be­hand­lung ste­hen sich trans­pa­rent, nach­voll­zieh­bar und im Ein­zel­fall durch den Medi­zi­ni­schen Dienst über­prüf­bar gegenüber.

COVID-19-Pandemie ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe der Gefahrenabwehr

Die COVID-19-Pan­de­mie ist eine Aus­nah­me­si­tua­ti­on. Her­aus­for­de­run­gen sind gesamt­ge­sell­schaft­lich zu lösen — dies betrifft auch den finan­zi­el­len Bedarf der Kran­ken­häu­ser zur Bewäl­ti­gung der Kri­se. Denn es han­delt sich um Gefah­ren­ab­wehr, weni­ger um eine sozi­al­ver­si­che­rungs­recht­li­che Fra­ge­stel­lung. Für die Abwehr von Gesund­heits­ge­fah­ren ist der Staat ins­ge­samt ver­ant­wort­lich und nicht (allein) die Gemein­schaft der gesetz­lich Versicherten.

Nach unse­rer Auf­fas­sung kann die Lösung finan­zi­el­ler Pro­ble­me der Kran­ken­häu­ser nicht dadurch erfol­gen, das bewähr­te DRG-Fall­pau­scha­len­sys­tem im Schnell­ver­fah­ren abzu­schaf­fen. Ent­las­tun­gen für die Kran­ken­häu­ser las­sen sich in die­sem Zusam­men­hang auch dadurch her­bei­füh­ren, dass MDK-Ein­zel­fall­prü­fun­gen wäh­rend der kri­sen­haf­ten Situa­ti­on ver­mie­den wer­den. Die Abschaf­fung der Fall­pau­scha­len oder ande­re grund­le­gen­de Ände­run­gen im Schnell­ver­fah­ren wären in hohem Maße bedenk­lich. Eine demo­kra­ti­schen Gesetz­ge­bung lebt davon, das Pro und das Con­tra ins­ge­samt in öffent­li­cher Debat­te abzuwägen.

Auch der GKV-Spit­zen­ver­band ist bereit, koope­ra­tiv wäh­rend der Kri­se den Kran­ken­häu­sern zur Sei­te zu ste­hen (Pres­se­mit­tei­lung vom 13.3.2020).

Krisensituation dürfen nicht zur einseitigen Umsetzung einer politischen Agenda ausgenutzt werden

In Kri­sen­zei­ten gilt es zusam­men­zu­ste­hen. Ein­sei­tig eine poli­ti­sche Agen­da bestimm­ter Lob­by­grup­pen durch­zu­set­zen, ist das Gegen­teil des­sen. Denn das Ziel ist es, sich ein­sei­tig Vor­tei­le zu ver­schaf­fen. Die ein­sei­ti­ge Durch­set­zung von Par­ti­ku­lar­in­ter­es­sen unter dem Deck­man­tel der Kri­sen­be­wäl­ti­gung ist unde­mo­kra­tisch, denn eine offe­ne, trans­pa­ren­te Debat­te mit Erör­te­rung der Vor- und Nach­tei­le fin­det nicht statt. Bereits die Neue­run­gen um das Pfle­ge­per­so­nal­stär­kungs­ge­setz (PpSG) im Jahr 2018 hat­ten gezeigt, was geschieht, wenn sich der Gesetz­ge­ber ein­sei­tig ver­ein­nah­men lässt und die Fol­gen der Gesetz­ge­bung nicht hin­rei­chend im Blick hat. Wir hof­fen, dass die Gesund­heits­po­li­ti­ker nun­mehr den Weit­blick haben, Lösun­gen zur Kri­sen­be­wäl­ti­gung zu fin­den, ohne ein bewähr­tes Sys­tem ohne Not zu verwerfen.

Das DRG-Ver­gü­tungs­sys­tem mit Fall­pau­scha­len mit ein­zel­fall­be­zo­ge­ner Ver­gü­tung hat sich über die Jah­re bewährt und wei­ter­ent­wi­ckelt. Es ist die Grund­la­ge des moder­nen und effi­zi­en­ten Sys­tems der sta­tio­nä­ren Ver­sor­gung in Deutsch­land, von dem wir heu­te in der Situa­ti­on einer Gesund­heits­kri­se pro­fi­tie­ren — wir hof­fen, es bleibt auch so.

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