Nervenschädigung bei Operationen: Wenn Routineeingriffe lebenslange Folgen haben

Eine ein­zi­ge Sekun­de Unacht­sam­keit wäh­rend einer Ope­ra­ti­on kann ein Leben ver­än­dern: Die Durch­tren­nung eines Haupt­ner­ven – etwa des Ner­vus radia­lis, media­nus oder ulnaris – führt häu­fig zu dau­er­haf­ten Läh­mun­gen, Sen­si­bi­li­täts­stö­run­gen und mas­si­ven Ein­schrän­kun­gen im All­tag und Beruf. Beson­ders gefähr­det für eine intra­ope­ra­ti­ve Ner­ven­schä­di­gung sind Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten bei Tumor­ent­fer­nun­gen im Bereich der Extre­mi­tä­ten (z. B. Ellen­bo­gen, Unter­arm, Hand) sowie bei Metall- und Plat­ten­ent­fer­nun­gen nach Kno­chen­brü­chen – Ein­grif­fe, die ver­meint­lich „Rou­ti­ne“ sind, ana­to­misch aber ner­ven­na­he Hoch­ri­si­ko-Zonen betreffen.

Nervenschädigung unter der Operation: In der Nähe großer Nerven erfordert eine Operation große Sorgfalt
Ner­ven­schä­di­gung unter der Ope­ra­ti­on: In der Nähe gro­ßer Ner­ven erfor­dert eine Ope­ra­ti­on gro­ße Sorgfalt 

Die­ser Bei­trag erklärt kom­pakt, wo medi­zi­ni­sche Feh­ler typi­scher­wei­se pas­sie­ren, wel­che Rech­te Betrof­fe­ne haben und wie wir sol­che Fäl­le erfolg­reich durch­set­zen wie wir als spe­zia­li­sier­te Kanz­lei Ihre Ansprü­che kon­se­quent durchsetzen.

Der Fall: Radialislähmung nach Metallentfernung

Unser Man­dant erlitt im Jahr 2021 einen Bruch des Ober­arms, der mit einer Metall­plat­te sta­bi­li­siert wer­den muss­te. Nach­dem die Bruch­stel­le ver­heilt war, emp­fah­len die behan­deln­den Ärz­tin­nen und Ärz­te die Ent­fer­nung des Mate­ri­als. Der Ein­griff erfolg­te Anfang 2024. Es han­del­te sich aus ärzt­li­cher Sicht um einen Routineeingriff.

Doch wäh­rend der Ope­ra­ti­on kam es zu einem fol­gen­schwe­ren Zwi­schen­fall: Der Ner­vus radia­lis, der am Ober­arm in unmit­tel­ba­rer Nähe des Kno­chens spi­ral­för­mig um den Hume­rus ver­läuft, wur­de ver­letzt. Die­ser moto­risch bedeut­sa­me Nerv steu­ert u. a. die Stre­ckung von Hand­ge­lenk und Fin­gern. Bereits unmit­tel­bar nach der Ope­ra­ti­on zeig­te sich eine Fall­hand. Der Man­dant konn­te sei­ne rech­te Hand nicht mehr anhe­ben, die Fin­ger blie­ben nahe­zu funktionslos.

Für unse­ren Man­dan­ten bedeu­te­te dies nicht nur den Ver­lust wesent­li­cher Funk­tio­nen der domi­nan­ten Hand, son­dern auch eine mas­si­ve Ein­schrän­kung im Beruf und Alltag.

Medizinische und rechtliche Bewertung

Bei Ope­ra­tio­nen in unmit­tel­ba­rer Nähe des Ner­vus radia­lis gilt beson­de­re Vor­sicht. Der medi­zi­ni­sche Stan­dard ver­langt eine sorg­fäl­ti­ge mikro­chir­ur­gi­sche Prä­pa­ra­ti­on, regel­mä­ßig unter Ein­satz von Lupen­bril­le oder OP-Mikro­skop, ggf. in Kom­bi­na­ti­on mit intra­ope­ra­ti­ver Neu­ro­mo­ni­to­ring-Prü­fung (bipo­la­re Stimulation/EMG). Auch die Wahl eines alter­na­ti­ven Zugangs oder sogar der teil­wei­se Ver­bleib des Mate­ri­als muss erwo­gen wer­den, wenn andern­falls die Gefahr einer Nerv­en­durch­tren­nung droht.

Unter­blei­ben die­se Schutz­maß­nah­men und kommt es infol­ge des­sen zu einer Ver­let­zung oder Durch­tren­nung des Ner­vus radia­lis, liegt regel­mä­ßig ein gra­vie­ren­der Behand­lungs­feh­ler nahe. Nach § 630h Abs. 5 S. 1 BGB führt die­ser zu einer Beweis­last­um­kehr zuguns­ten des Pati­en­ten. Es wird ver­mu­tet, dass der Behand­lungs­feh­ler für die ein­ge­tre­te­ne Ver­let­zung ursäch­lich war. Die behan­deln­de Ein­rich­tung muss in die­sem Fall bewei­sen, dass der Scha­den auch bei feh­ler­frei­em Vor­ge­hen ein­ge­tre­ten wäre – ein in der Pra­xis kaum zu erfül­len­der Nachweis.

Hin­zu kommt, dass ein sofor­ti­ges post­ope­ra­ti­ves Auf­tre­ten einer Radial­is­läh­mung zwin­gend eine umge­hen­de neu­ro­lo­gi­sche Abklä­rung erfor­dert. Unter­bleibt die­se Befund­er­he­bung, liegt zusätz­lich ein Befund­er­he­bungs­feh­ler vor, der gemäß § 630h Abs. 5 S. 2 BGB auch zu einer Beweis­last­um­kehr füh­ren kann.

Eben­falls zen­tral ist die Auf­klä­rung: Patient:innen müs­sen wis­sen, dass die Plat­ten-/Schrau­ben­ent­fer­nung am Ober­arm das kon­kre­te Risi­ko einer dau­er­haf­ten Radial­is­läh­mung birgt. Nur so kön­nen sie eine fun­dier­te Ent­schei­dung über das „Ob“ und „Wie“ des Ein­griffs tref­fen, vgl. § 630e Abs. 1 und Abs. 2 BGB. Unter­bleibt eine sol­che Risi­ko­auf­klä­rung, liegt ein eigen­stän­di­ger Auf­klä­rungs­feh­ler vor, der eben­falls Scha­dens­er­satz­an­sprü­che begründet.

Vergleichbare Entscheidungen der Gerichte bei Nervenschädigungen

Die Recht­spre­chung bewer­tet Ner­ven­schä­di­gun­gen mit gra­vie­ren­den Funk­ti­ons­ver­lus­ten als tief­grei­fen­de Ein­grif­fe in die Lebens­qua­li­tät und setzt spür­ba­re Schmer­zens­gel­der an:

  • LG Det­mold, Urteil vom 07.10.2010 – 12 O 136/08: 30.000 €
    (heu­ti­ger Wert ca. 39.122 €) bei dau­er­haf­ter Funk­ti­ons­be­ein­träch­ti­gung von Arm und Hand
  • LG Lübeck, Urteil vom 23.01.2024 – 12 O 341/21: 30.000 €
    (heu­ti­ger Wert ca. 36.983 €) bei Durch­tren­nung des Ner­vus media­nus mit voll­stän­di­gem Funk­ti­ons­ver­lust der rech­ten Hand und Berufsunfähigkeit
  • OLG Cel­le, Urteil vom 31.01.2024 – 14 U 58/23: 45.000 €
    (heu­ti­ger Wert ca. 46.607 €) bei Radia­lis­schä­di­gung mit Fallhand
  • LG Arns­berg, Urteil vom 15.03.2016 – 5 O 31/14: 60.000 €
    (heu­ti­ger Wert ca. 78.080 €) bei Dia­gno­se­feh­ler und feh­ler­haf­ter Behand­lung einer Ellen­bo­gen­frak­tur mit mas­si­ven Funktionsbeeinträchtigungen
  • OLG Mün­chen, Urteil vom 08.07.2010 – 1 U 4550/08: 60.000 €
    (Schmer­zens­geld plus imma­te­ri­el­ler Vor­be­halt von über 80.000 € bei schwer­wie­gen­der Armplexuslähmung)

Einen Son­der­fall zeig­te die Ent­schei­dung des OLG Frank­furt am Main (Urteil vom 03.05.2016 8 U 224/12): Hier kam es zu einer über­lan­gen Ope­ra­ti­ons­dau­er, ohne dass der Pati­ent hin­rei­chend umge­la­gert wur­de. Das Ober­lan­des­ge­richt wer­te­te die kor­rek­te Lage­rung unter der Ope­ra­ti­on als voll beherrsch­ba­res Risi­ko des Kran­ken­hau­ses. Dies ver­schaff­te dem Pati­en­ten eine Beweis­erleich­te­rung mit Blick auf den Lage­rungs­scha­den. Ihm wur­den 50.000 € für die Ner­ven­schä­di­gung ein Schmer­zens­geld sowie wei­te­rer Scha­den­er­satz zuerkannt.

Unser Einsatz für Betroffene einer behandlungsfehlerhaften Nervenschädigung

Eine Ner­ven­schä­di­gung nach ver­meint­lich „ein­fa­chen“ Ope­ra­tio­nen gehö­ren zu den fol­gen­schwers­ten medi­zi­ni­schen Behand­lungs­feh­lern. Sie zie­hen nicht nur erheb­li­che kör­per­li­che Ein­schrän­kun­gen nach sich, son­dern ver­än­dern das gesam­te Leben.

Wir sind eine auf Medi­zin­recht spe­zia­li­sier­te Kanz­lei und ver­fü­gen über lang­jäh­ri­ge Erfah­rung in der Durch­set­zung von Pati­en­ten­rech­ten. Wir wis­sen, wie belas­tend die­se Situa­ti­on für Betrof­fe­ne und ihre Fami­li­en ist. Des­halb prü­fen wir sorg­fäl­tig, ob ein Behand­lungs­feh­ler vor­liegt, und machen Ihre Ansprü­che auf Schmer­zens­geld und Scha­dens­er­satz gel­tend. In enger Zusam­men­ar­beit mit erfah­re­nen medi­zi­ni­schen Gut­ach­tern ent­wi­ckeln wir eine kla­re Stra­te­gie und set­zen Ihre Rech­te kon­se­quent durch – sowohl außer­ge­richt­lich als auch vor Gericht.

War­ten Sie nicht zu lan­ge: Vie­le Ansprü­che unter­lie­gen stren­gen Ver­jäh­rungs­fris­ten. Kon­tak­tie­ren Sie uns früh­zei­tig, damit wir Ihre Rech­te sichern und die best­mög­li­che Ent­schä­di­gung für Sie durch­set­zen können

Wir ste­hen an Ihrer Sei­te und kämp­fen dafür, dass Sie die Ent­schä­di­gung und Aner­ken­nung erhal­ten, die Ihnen zusteht.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Bitte füllen Sie dieses Feld aus.
Bitte füllen Sie dieses Feld aus.
Bitte gib eine gültige E-Mail-Adresse ein.