Vergleich von 210.000 € nach Behandlungsfehler – zu schnelle Natriumkorrektur mit bleibenden Schäden
Wenn Patientinnen und Patienten wegen einer akuten Erkrankung ins Krankenhaus eingeliefert werden, erwarten sie Hilfe und Heilung. Umso schwerer wiegt es, wenn gerade durch die Behandlung eine schwere und dauerhafte Schädigung eintritt. Der Fall unserer Mandantin zeigt eindrucksvoll, welche Folgen eine fehlerhafte medizinische Vorgehensweise haben kann und welche rechtlichen Möglichkeiten Betroffene haben, ihre Ansprüche durchzusetzen. Konkret litt die Patientin an einem zu niedrigen Natriumspiegel (Hyponatriämie). Wenn dieser korrigiert wird, darf dies nicht zu schnell geschehen, weil ansonsten Schädigungen infolge der veränderten Blutchemie drohen.
Medizinischer Hintergrund: Hyponatriämie und ihre Behandlung
Eine Hyponatriämie (ein deutlich erniedrigter Natriumspiegel im Blut) kann ein lebensbedrohliches Krankheitsbild darstellen.

Der Standard der medizinischen Wissenschaft verlangt, dass das Serumnatrium nur sehr langsam und kontrolliert angehoben wird. Der Grund ist bekannt: Bei zu rascher Korrektur kommt es zu einem osmotischen Demyelinisierungssyndrom (ODS), auch zentrale pontine Myelinolyse genannt. Dabei führt der schnelle Wasserentzug aus den Nervenzellen zu einer Schädigung der Myelinscheiden im Hirnstamm. Das Resultat sind schwere neurologische Ausfälle, die oft irreversibel sind.
Unsere Mandantin wurde mit einem Natriumwert von 99 mmol/l stationär aufgenommen. Die Ärzte entschieden sich, die Hyponatriämie durch Anhebung des Natriumwertes zu behandeln. Innerhalb von nur zehn Stunden hoben die Ärzte den Wert auf 114 mmol/l an, was einen Anstieg von 15 mmol/l bedeutet. Medizinische Empfehlungen erlauben maximal 10 bis 12 mmol/l pro 24 Stunden. Damit war die Behandlung nicht nur riskant, sondern klar fehlerhaft. Sie unterschritt den Facharztstandard.
Die Folgen waren dramatisch: Es entwickelten sich Sprachstörungen, schwere Schluckstörungen, Ataxie und eine ausgeprägte Tetraparese (Lähmung). Es kam zu einer Aspiration mit Pneumonie, die intensivmedizinisch behandelt werden musste. Zwar konnte sich der Zustand unserer Mandantin durch langwierige neurologische Rehabilitation teilweise bessern, eine vollständige Wiederherstellung war jedoch nicht erreichbar. Unsere Mandantin ist weiterhin auf den Rollstuhl angewiesen, kann nur noch kurze Strecken kleinschrittig gehen und die Belastbarkeit im Alltag ist dauerhaft herabgesetzt.
Juristische Bewertung: Unterschreitung des Facharztstandards
Rechtlich handelt es sich um einen gravierenden Behandlungsfehler. Die Vorgaben für die Natriumkorrektur bei Hyponatriämie sind klar definiert und in der Fachliteratur ebenso wie in Leitlinien eindeutig beschrieben.
Die zu schnelle Anhebung stellt eine Verletzung des medizinischen Standards dar. Nach § 630h Abs. 5 S. 1 BGB greift in Konstellationen grober Behandlungsfehler die Beweislastumkehr: Es wird im Ausgangspunkt angenommen, dass der Behandlungsfehler kausal für die eingetretenen Schäden war. Die Behandlungsseite hätte beweisen müssen, dass der Schaden auch bei fachgerechtem Vorgehen eingetreten wäre, was bei einer derart eindeutigen Abweichung praktisch ausgeschlossen ist.
Neben dem klassischen Anspruch auf Schmerzensgeld sind weitere Schadenspositionen relevant. Insbesondere kommen ein Erwerbsschaden und ein Haushaltsführungsschaden in Betracht. Denn wenn ein Mensch aufgrund neurologischer Einschränkungen nicht mehr oder nur noch eingeschränkt beruflich tätig sein kann, entsteht ein erheblicher Verdienstausfall. Ebenso führt die Unfähigkeit, den eigenen Haushalt selbstständig zu führen, zu einem messbaren Schaden, der in Geld zu ersetzen ist.
Diese Positionen berechnen wir präzise anhand des individuellen Lebenssachverhalts; oft mit erheblicher Auswirkung auf die Gesamthöhe der Ansprüche.
Unser Vorgehen und das Ergebnis
Wir haben den Fall der fehlerhaften Anpassung des Natriumspiegels bei Hyponatriämie umfassend aufgearbeitet, die medizinischen Unterlagen sorgfältig analysiert und den Behandlungsfehler sowohl medizinisch als auch rechtlich eindeutig herausgearbeitet. Auf dieser Grundlage führten wir intensive außergerichtliche Verhandlungen mit der Klinik und deren Haftpflichtversicherer. Das Ergebnis: ein Vergleich über 210.000 EUR, der sowohl die Schwere des ärztlichen Fehlverhaltens als auch die erheblichen gesundheitlichen und persönlichen Einschränkungen unserer Mandantin in angemessener Weise widerspiegelt.
Fazit: Erhebliche Entschädigung bei fehlerhafter Behandlung einer Hyponatriämie
Dieser Fall verdeutlicht, welche gravierenden Konsequenzen selbst kurze Abweichungen von etablierten Behandlungsstandards haben können. Eine fehlerhafte Infusion innerhalb weniger Stunden führte hier zu dauerhaften neurologischen Schädigungen und erheblichen Einschränkungen der Lebensqualität. Betroffene sind solchen Folgen jedoch nicht schutzlos ausgeliefert: Ihnen stehen Ansprüche auf Schmerzensgeld, Schadensersatz sowie auf den Ausgleich von Erwerbs- und Haushaltsführungsschäden zu.
Wir stehen Betroffenen von Behandlungsfehlern mit unserer medizinisch-juristischen Expertise zur Seite. Wer nach einem ärztlichen Eingriff bleibende Schäden erlitten hat, sollte nicht zögern, seine Rechte zu prüfen und geltend zu machen. Denn nur so wird erlittenes Leid anerkannt und nur so kann wenigstens ein Stück Gerechtigkeit erreicht werden. Kontaktieren Sie uns gerne.