Mehr Schmerzensgeld bei fremdverschuldetem Tod des Kindes
Das Landgericht Hamburg hat am 28.11.2024 (Az. 323 O 330/20) ein wichtiges Urteil in Hinblick auf das Hinterbliebenengeld nach § 844 Abs. 3 BGB im Verhältnis Eltern – Kind erlassen. Es betrifft die zivilrechtliche Haftung nach einem tödlichen Verkehrsunfall infolge einer sogenannten „Raserfahrt“ mit einem gestohlenen Taxi. Es bestrifft damit das Schmerzensgeld für den Tod des Kindes. Das Gericht entschied, dass der Halter des Fahrzeugs – trotz des Diebstahls – für den tödlichen Unfall haftet. Der Täter hatte sich Zugang zum Taxi durch einen Ersatzschlüssel verschafft, der sich ungesichert in der Mittelkonsole befand.
Tod des Kindes: hohes Schmerzensgeld
Die Mutter des getöteten jungen Mannes forderte mit der Klage mindestens 34.500 € Schmerzensgeld und erhielt letztlich vom Gericht 40.000 € zugesprochen.
„Sie habe aufgrund der Tat des Beklagten zu 1. eine schwere bzw. mittelgradige depressive Episode bei anhaltender Trauerreaktion und Anpassungsstörung nach ICD F32.2 bzw. 43.2 erlitten, die bis heute weitgehend unvermindert und auf unabsehbare Zeit bestehe. Sie befinde sich seit dem 15.05.2017 permanent in psychiatrisch-therapeutischer Behandlung, in den Jahren 2017 und 2019 seien zwei mehrwöchige stationäre Aufenthalte erfolgt. Es sei eine Dauermedikation erforderlich zur Verringerung der depressiven Angstzustände, des belastenden Gefühls, allein zu sein, der Schlafstörungen und wiederkehrenden Alpträume sowie latenter Suizidabsichten.
Sie sei aufgrund des Verlusts ihres Sohnes, mit dem sie eine ungewöhnlich innige Beziehung verbunden habe, und der daraus resultierenden besonders schweren Trauerreaktion erwerbsunfähig. (…) Sie habe nahezu täglich persönlich oder jedenfalls mehrfach telefonisch mit ihrem Sohn Kontakt gehabt. Es habe mehrfach wöchentlich gemeinsame Treffen und darüber hinaus auch gemeinsame Urlaube gegeben.“
(zitiert aus: LG Hamburg, Urteil vom 28.11.2024, Az. 323 O 330/20)
Angehörigenschmerzensgeld als gesetzlicher Ausgangspunkt
Mit Wirkung zum 22.07.2017 ist mit § 844 Abs. 3 BGB eine Regelung eingeführt worden, die nunmehr eine gesetzlich verankerte Entschädigung Hinterbliebener für das seelische Leid vorsieht, welches ihnen durch die Tötung einer in einem besonderen persönlichen Näheverhältnis stehenden Person zugefügt wird.
Das im hiesigen Fall vom LandgerichtHamburg zugesprochene Schmerzensgeld übersteigt die bis dato üblichen Beträge für Hinterbliebenengelder nach § 844 Abs. 3 BGB deutlich. Dies begründete das Gericht damit, dass bei der Mutter aufgrund des plötzlichen und unerwarteten Todes ihres Sohnes ein sogenannter Schockschaden vorlag – also eine psychische Gesundheitsverletzung, die pathologisch fassbar war und über das hinausging, was Angehörige typischerweise nach einem Todesfall erleben.
Bisher wurden in der deutschen Rechtsprechung beim fremdverschuldeten Tod von nahen Angehörigen regelmäßig Beträge in Höhe von nur 5.000–15.000 € ausgeurteilt. Diese Summen orientierten sich an dem vom Gesetzgeber angedachten „Durchschnittsbetrag“ von 10.000 €.
Spezialisierung unserer Kanzlei: Geltendmachung von Schmerzensgeldansprüchen – auch bei Todesfällen von Angehörigen
Unsere Kanzlei ist spezialisiert auf die Forderung von Schmerzensgeldern bei Todesfällen durch ärztliche Behandlungsfehler, Unfälle oder Straftaten.
Gerade bei fremdverschuldeten Todesfällen im Verhältnis Eltern und Kind(ern) fordern wir stets auch die möglichen Höchstbeträge an Hinterbliebenengeld vom Haftungsgegner. Denn die Trauer von Eltern beim Tod des eigenen Kindes geht aus unserer Sicht nahezu immer über das „übliche Maß“ hinaus. Dies gilt umgekehrt auch im Falle des Todes eines Elternteils, wenn das Kind noch minderjährig ist.
Die Trauerreaktionen der Hinterbliebenen sind regelmäßig auch so nachhaltig, dass das weitere Leben davon grundlegend (mit)bestimmt wird.
Schockschaden als Anknüpfungspunkt höherer Schmerzensgelder
Daher muss der durch eine vorsätzliche Tötung verursachte Verlust eines Kindes, der mit einer psychischen Erkrankung eines Elternteils mit einer ggf. jahrelangen Behandlungsbedürftigkeit und darüber hinaus anhaltenden Beeinträchtigungen einhergeht, zu besonders hohen Schmerzensgeldbeträgen führen. Denn dies ist das schlimmste Ereignis, das Eltern im Leben passieren kann.
Das Urteil des Landgerichts Hamburg bildet hier hoffentlich nur den Anfang.
Wir haben langjährige Erfahrung in der bundesweiten Vertretung von Patienten, Hinterbliebenen und Geschädigten bei ärztlichen Behandlungsfehlern, Unfällen oder Straftaten.
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